KÜNSTLERIN Im Frühjahr und Sommer 2021 haben wir in unserer Künstleredition eine neue Gastkünstlerin vorgestellt, die Grafikerin und Autorin Nina Chakrabarti. Ihre Arbeiten in verspieltem Stil und ausdrucksstarken Strichen feiern die Kunst des genauen Hinsehens. Sie wird sowohl vom Außergewöhnlichen und oftmals Übersehenen inspiriert und ihre praktische Vorgehensweise zeigt ein vielschichtiges Spektrum an Objekten und Motiven.
Nina wuchs in Indien auf und kam als Teenager in das Vereinigte Königreich. Heute lebt sie in Hastings an der Südküste Englands. Anlässlich der Einführung unserer Künstleredition sprachen wir mit der Künstlerin über ihren Ansatz zur Kollektion, über ihre Vorgehensweise und die Macht der Kunst, die Welt zu ändern.
„Wenn du in einer riesigen Stadt aufwächst, dann bereitet dich das auf das Leben in Großstädten in aller Welt vor. Du lässt dich einfach mitziehen. Ich mag es, mich in dem Chaos und der Hektik zu verlieren. Wenn die Stadt dich überwältigt, suchst du nach kleineren Freuden – das Dorf in der Stadt, dein Geschäft an der Ecke, deine Lieblingsrestaurants, Museen und Spaziergänge.“
„Am Anfang meiner Karriere ging es Schritt für Schritt voran. Ich war fast zwanzig und arbeitete in einem Buchladen. Da es mich langweilte, fand ich es eine gute Idee, irgendeine Kunstklasse zu besuchen. Ich hatte ein wirklich lustiges Jahr und probierte viele Dinge aus – ich lernte, wie man eine Kamera benutzt, wie man Stop-Frame-Animationen macht, Skulpturen schafft, malt und zeichnet. Ich mag gerne zeichnen und so bewarb ich mich für ein Aufbaustudium in London. Dort verbesserte ich meinen Zeichenstil und kam mit den Werken von Andy Warhol, Robert Crumb und Jean Cocteau in Kontakt und hatte währenddessen eine tolle Zeit – ich hing in der Uni-Cafeteria ab und fand Freunde fürs Leben.“
„Als ich 12 war, emigrierten meine Mutter, meine Schwester und ich von Indien in das Vereinigte Königreich. Wir mussten fast alles zurücklassen. Einerseits war es hart – besonders, weil ich mich von meinen geliebten Büchern trennen musste. Aber andererseits fühlte ich mich danach frei. Statt eigener Bücher liehen wir sie uns in den Bibliotheken aus und wir trugen Secondhand-Kleidung und -Schuhe. Ich beobachte lieber die Kollektionen anderer Menschen als eine eigene zu besitzen. Es fasziniert mich, warum Menschen bestimmte Dinge wie Zuckertütchen, Keramikkatzen oder Kotztüten sammeln. Sagen Sie mir irgendwas – irgendwo findet sich ein Sammler!“
„Ich glaube, mein Bewusstsein für Sammlungen, Gegenstände und ihre Geschichten ist eine Reaktion auf Wegwerfartikel. Wir sollten uns viel mehr Gedanken bei jedem einzelnen Kauf machen. Wir sollten uns fragen, ob wir das wirklich brauchen. Nur weil etwas preiswert ist, heißt das nicht, dass wir gleich zehn Stück davon kaufen sollten.“