Gemeinschaft Zur Einführung unseres neuen saisonalen Menüs hat Martin Berg von ARKET seine beste Freundin Sofia B. Olsson zum Essen in unser Café in Göteborg, Schweden, eingeladen und sprach mit ihr über ihre gemeinsame Leidenschaft für die moderne Esskultur und den Bedarf eines ganzheitlicheren Konzeptes für Nachhaltigkeit in der Lebensmittelindustrie.
Martin Berg und Sofia B. Olsson begegneten sich vor über zehn Jahren in der Küche des Michelin-Sterne-Restaurants Matsalen und Matbaren in Stockholm, in dem Martin zu dieser Zeit Küchenchef war und Sofia als Auszubildende arbeitete. Sofia B. Olsson leitet nun das Restaurant VRÅ in Göteborg, wo sie und ihr Team Zutaten von der schwedischen Westküste mit japanisch inspirierten Aromen und Techniken vereinen.
Sofia
Oft fühlte ich mich in den Küchen, in denen ich gearbeitet habe, einsam und verletzlich. Ich merkte, es fehlte etwas, und nach einer Weile stellte ich fest, dass es einfach eine gute Mitarbeiterführung war. Diese Welt wird schon sehr lange von launischen und unberechenbaren Alphamännchen regiert, die sich wie Schweine benehmen – aber weil sie zweifelsohne auch unglaublich qualifiziert sind, schaust du zu ihnen auf und willst sie unbedingt beeindrucken.
Ich musste immer mit Sexismus und Unterdrückungsmethoden der Vorgesetzten umgehen und gleichzeitig das Handwerk lernen und eine großartige Köchin werden. Aber als ich dann hier ankam und dabei half, VRÅ zu gründen, waren es einfach ich und meine Freunde in der Küche. Es zeigte sich, dass die raue Sprache, von der auch ich dachte, sie sei irgendwie lustig, ganz und gar nicht mein Stil war. So haben wir nicht gesprochen und so haben wir nicht gescherzt. Ich glaube, dass du Martin, ein Pionier bei der aktiven Beteiligung von weiblichen Köchen in deinem Team warst.
Martin
Ja, wir haben recht hart an einer geschlechtergerechten Umgebung gearbeitet. Wir stellten fest, dass sich keine Frauen auf unsere Stellenausschreibungen bewarben, und wir fragten uns: „Wo sind sie alle?“ Der erste Schritt bestand in der Einführung einer Nulltoleranz bei unangemessener Sprache und wir versuchten, eine Atmosphäre zu kultivieren, in der sich jeder einbezogen und wertgeschätzt fühlte. Das waren einfache Dinge, wie jeden Mitarbeiter am Morgen persönlich zu begrüßen. Schließlich war es natürlich möglich, das Ganze umzudrehen.
Wie sieht also eure Strategie heute aus, um eine sichere und offene Kultur zu schaffen?
Sofia
Ich persönlich brauche einen klaren Rahmen, um auf höchster Ebene Leistung zu bringen. Ich meine, stellt euch nur das ganze verschwendete Potenzial vor, wenn Menschen nicht wissen, was von ihnen erwartet wird; welches Benehmen akzeptiert wird und welches nicht oder was du als Team erreichen sollst.
Jeder, der hier arbeitet, muss das Gefühl haben, dass wir das gemeinsam tun. Ich möchte, dass jeder mit anpacken kann, dass ihre Stimme gehört wird und dass sie mit ihren persönlichen Fähigkeiten einen Beitrag leisten. Sich wertgeschätzt und gehört zu fühlen, wachsen zu können, verleiht der Motivation Aufschwung. Sie breitet sich so schnell aus, wenn man ihr Raum gibt. Und weil jeder an der Entscheidungsfindung beteiligt ist, ist er der Idee und der Gruppe gegenüber loyal.
„Wenn du nicht aktiv eine positive Umgebung kultivierst, dann kannst du darauf wetten, dass sich etwas anderes ausbreitet.“
SOFIA
Ich stelle auch immer in unseren Stellenanzeigen und Bewerbungsgesprächen deutlich klar, dass wir keine Form von Sexismus, Rassismus, Homophobie oder Transphobie dulden. Das sollte niemals ein Thema sein, mit dem du dich befassen musst. Dagegen sollte unsere Nulltoleranzpolitik einer der Hauptmotivationsgründe für dich sein, hier zu arbeiten. Du musst fühlen, dass dies auch mit dir persönlich im Einklang steht, denn es ist das eine, mir das zu sagen, aber wenn du es nicht fühlst, dann betrifft es dich nicht wirklich, dann solltest du vielleicht nach etwas anderem suchen.
Wir sind heute eine sehr gemischte Gruppe, auch wenn dies früher ein frauendominierter Arbeitsplatz war. Köche aus verschiedenen Teilen der Welt, Jugendliche, die gerade von der Schule kommen, LGBTQ und nichtbinäre Menschen – und heute haben wir einen männlichen Küchenchef, der sehr leise und ruhig und weit von jedem Stereotyp entfernt ist. Es ist eine offene Umgebung, in der Menschen, die vielleicht den Eindruck hatten, sie gehörten nirgendwo hin, einen Platz finden, an dem sie aufblühen und als Person und auch in ihrem Beruf wachsen.
Martin
Für jemanden, der neugierig und interessiert ist, ist es unglaublich aufregend, an einem Ort wie diesem zu arbeiten. Sich zu treffen und zu verbinden und Kultur zu vermitteln, ist sehr einfach, wenn man mit Lebensmitteln arbeitet. Aber wir wissen aus Erfahrung, dass sich diese Umgebungen nicht immer natürlich bilden. Sie erfordern einen offenen Führungsstil.
Sofia
Ich glaube wirklich daran, dass es wichtig ist, mit gutem Beispiel voranzugehen. Aktiv eine Haltung einnehmen, aktiv beweisen, dass jeder willkommen ist, aktiv dafür zu sorgen, dass sie sich eingeschlossen fühlen, und aktiv den Arbeitsplatz von toxischem Verhalten reinigen. Allgemein wird angenommen, dass deine persönlichen Werte automatisch zum Wert des Unternehmens werden. Aber was unternimmst du tatsächlich, um eine gute Kultur zu schaffen und aufrechtzuerhalten? Denn wenn du nicht aktiv eine positive Umgebung kultivierst, dann kannst du darauf wetten, dass sich etwas anderes ausbreitet. Ich denke, du gibst mit deinen Restaurants ein wirklich gutes Beispiel.
Martin
Du verbindest diese Themen auch mit einer weitreichenderen Idee von Nachhaltigkeit, oder? Man kann nicht nachhaltig sein, wenn man nicht gleichberechtigt oder eingeschlossen ist.
Sofia
Für mich geht es immer darum, für das zu stehen, was ich tue. Ich würde mich als Heuchler fühlen, wenn ich einerseits über biologische und lokale Zutaten spreche, andererseits aber meine Mitarbeiter wie Dreck behandle. Man muss ganzheitlich sein; bei allem, was du tust, musst du einen nachhaltigen Ansatz haben. Es gibt wirklich keine Alternative.
Ich würde niemals behaupten, dass das, was ich tue, 100 % nachhaltig ist. Ich glaube auch nicht, dass das möglich ist. Nachhaltigkeit ist eher ein Ehrgeiz, Gutes zu tun, und der Wille, sich ständig zu verbessern. Es ist ehrlicher zu sagen: „Wir versuchen es.“
Martin
Die Umstände verändern sich ständig. Was gestern noch gut war, ist heute oder morgen vielleicht gar nicht mehr so gut. Ich persönlich bin bei der Problemlösung sehr motiviert. Wie erschaffen wir ein nachhaltiges Produkt, das attraktiv genug ist, damit Menschen es einer konventionellen Alternative vorziehen? Das ist für mich sehr aufregend. Das Arbeiten an neuen Ideen, neuen Aromen, neuen Möglichkeiten der Präsentation von Lebensmitteln. Nachhaltigkeit ist für mich eine ganzheitliche Mentalität, die sich immerfort ändern muss.
Sofia
Das hat viel mit Kreativität zu tun. Ich bin immer auf der Suche nach Dingen, die ausschließlich positiv sind, und unsere Geschichte mit der lokalen pazifischen Felsenauster ist einer dieser Fälle, bei denen jeder gewinnt.
Früher hat man sie nur als Problem wahrgenommen, aber einfach durch eine Umbenennung und Verortung in einen neuen Kontext haben wird dazu beigetragen, eine nachhaltige lokale Branche zu erschaffen. Sie profitiert vom Klima und unseren maritimen Ökosystemen, sie sorgt für ein neues Geschäft für die familiengeführten handwerklichen Fischereien in dieser Gegend und unsere Gäste lieben sie.
Ich glaube, was ihr bei ARKET macht, ist ähnlich. Das Arbeiten mit alten schwedischen Hülsenfrucht- und Getreidesorten und das Angebot an pflanzenbasierten Mahlzeiten sorgen dafür, dass die Leute mit gutem Gewissen eine schöne Mahlzeit genießen. Es gibt tatsächlich keine Kehrseite; alles ist gut.