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Editorial
Ryan Willms über die Suche nach innerer Ruhe

Interviews|Oktober 2024

Ryan Willms über die Suche nach innerer Ruhe

Wenn wir Bewegung und Bewusstsein kombinieren und bei sportlichen Aktivitäten eine sanftere und spirituellere Herangehensweise verfolgen, kommen wir in den Besitz der Tools, mit denen wir auf unsere wechselnden Bedürfnisse hören können – und wir lernen, ein Leben voller Harmonie, Verbundenheit und nachhaltigem Wohlergehen zu führen, sagt der in Los Angeles lebende Creative Director und ganzheitliche Lebensberater Ryan Willms.

Nach seinem Umzug nach New York, wo er eine neue Karriere als Art Director für die Streetwear-Marke Stüssy begann, fasste der gebürtige Kanadier Ryan Willms den Entschluss, das Arbeiten aufzugeben und die Veröffentlichung seines einflussreichen Herrenmode-Magazins Inventory einzustellen. Er war ein Neuankömmling in der geschäftigsten und aufregendsten Stadt der Welt, doch allmählich wollte er seine Freunde nicht mehr sehen und isolierte sich in seinem Apartment. 

Ryan Willms Interview

„Ich bemerkte, dass es mir nicht gut ging“, erklärt Willms. „Mein Körper hatte mir zu verstehen gegeben, dass ich entschleunigen musste, aber ich war zu dieser Zeit nicht achtsam genug, um ihn zu hören. Ich dachte, die Antwort läge darin, noch härter zu arbeiten und mehr zu geben. Mehr arbeiten, mehr rennen. Letztendlich kam ich an den Punkt, an dem ich mich wirklich niedergeschlagen fühlte und feststellte, dass ich niemals heilen würde, wenn ich mir keine Auszeit von dieser Intensität nahm.“ 

Nach einer Phase der Ruhe, Erholung und Wiederverbindung „mit der Natur und einem naturnäheren Lebenswandel“ auf dem Land in Kanada zog Willms wieder nach Los Angeles und begann, an der Kreuzung zwischen Gesundheit, Fitness und spirituellem Wachstum zu forschen – eine Reise, an der er uns in seinem Podcast „Into the Well and the Mindful Endurance Program“ seit 2019 teilhaben lässt. 

 

„Meditation ist das Allererste, das ich einem Menschen empfehle, der sich besser fühlen möchte. Für mich ist sie maßgeblich für Wohlbefinden im Leben. Die Beziehung zur Meditation ist heikel, unmerklich und im ständigen Wandel, aber ich glaube wirklich daran, dass sie eine der besten und magischsten Wege ist, zu lernen und zu wachsen. Am Anfang reichen fünf Minuten am Tag, denn es geht darum, konsistent zu sein. Es bringt nichts, 40 Minuten am Stück zu meditieren und dann die ganze Woche nicht mehr. 

 

Im Erwachsenenalter verschmelzen unsere Erfahrungen mit unserer Identität. Wer wir zu sein glauben, hängt ganz und gar damit zusammen, was wir tun. Wenn jemand meine Arbeit kritisiert, dann ist es so, als würde er mich als Person kritisieren, und wenn jemand sich von mir trennt, dann schäme ich mich, weil ich nicht gut genug war. Man muss lernen, das zu trennen und zu erkennen: „Ich bin nicht mein Körper.“ „Ich bin nicht meine Arbeit.“ „Ich bin nicht meine Beziehung.“ „Ich bin nicht das Auto, das ich fahre.“ Meditation hilft dabei. Sie schafft einen Ort, an dem man mitbekommt, was geschieht und wie man sich fühlt. Und dann kann man entscheiden, ob man statt zu reagieren lieber agieren will. Und man erkennt, dass man sich an dem Ort wohlfühlt. 

 

Was ich sonst noch empfehle: früher zu Bett gehen. Oder ganz simpel gesagt: Wenn du mehr und besseren Schlaf bekommst, bist du für alles im Leben besser aufgestellt – sei es ein ehrgeiziges körperliches Bestreben oder der Wunsch nach mehr Kreativität oder auch nur eine höhere Belastbarkeit, um gesund zu bleiben. Und natürlich Bewegung! Ob Yoga, Laufen, Radfahren, Pilates oder Dehnübungen zu Hause – jede Art von Bewegung ist enorm wichtig für den Körper.“ 

Ryan Willms Interview
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Auf welche Weise können Achtsamkeitsübungen für das Laufen und andere Formen sportlicher Aktivität vorteilhaft sein? 

„Zunächst hilft Meditation dabei, ein Bewusstsein zu entwickeln für das, was geschieht und wie du dich fühlst. Wenn du läufst oder zu einem Wettrennen antrittst und nervös bist, kann dir Meditation helfen, deine Nerven zu beruhigen und entspannter zu sein. Oder auch vor einer Besprechung. Wenn du an einem 10-km-Lauf oder einem Halbmarathon teilnimmst, kommst du meistens an einen Punkt, an dem du dich fragst, was du da eigentlich machst. Hier kommt Meditation ins Spiel. Sie hilft dir, dich mit diesem kleinen Raum vertraut zu machen und dich auf diesen Augenblick vorzubereiten. 

 

Darüber hinaus gibt es so viele Methoden und Möglichkeiten zu meditieren, die ich alle für unglaublich wirkungsvoll halte. Dinge zu visualisieren kann auch sehr hilfreich sein. Diese Methode nutzen wir Menschen schon seit langer Zeit. Viele Athletinnen und Athleten visualisieren den Wettbewerb, stellen sich vor, wie sie bestimmte Chancen nutzen. Und sie wissen nicht einmal, dass sie meditieren. Wenn du etwas visualisierst, dann kommt es dir vor, als würde es tatsächlich geschehen. Dein Körper kennt den Unterschied zwischen Vorstellung und echtem Leben nicht und fühlt sich daher wohl. ‚Ich kann das.‘ Es scheint nicht mehr unerreichbar.“ 

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In deinen Podcasts hast du uns an deinen Vorbereitungen auf einen Triathlon teilnehmen lassen, aber auch an deinem Kampf gegen Selbstzweifel und das Bedürfnis, die Bestätigung von deinen Mitmenschen zu bekommen. Wie schaffst du es, die richtige Balance zwischen diesen Aspekten und deinem extremen Training zu halten? 

„In den letzten Monaten ist mir klar geworden, dass ich tief in mir nicht glaube, dass ich gut genug bin – das ist wahrscheinlich etwas, das seinen Ursprung in der Kindheit hat. Im Laufe der Zeit lernt man, bestimmte Umstände zu schaffen, damit man sich akzeptiert und geliebt fühlt. Wenn diese Umstände irgendwann nicht mehr gegeben sind, muss man nach einem anderen Weg suchen.  

 

Das geschieht unbewusst. Ich denke nicht „Ich muss mich nur zu einem Triathlon anmelden, dann werde ich gut genug sein“. Aber ich erkenne, dass dies mein ganzes Leben lang ein riesiger Motivator für mich war, egal ob es darum ging, ein neues Geschäft zu starten oder einen Podcast aufzunehmen – oder eben an einem Triathlon teilzunehmen. Auch meine spirituelle Reise. Zu erkennen, dass dies auf fast alles Einfluss hat, was ich jemals gemacht habe, war nicht einfach. Im vergangenen Jahr war das ein langer Prozess, also alles beiseitezulegen, womit ich versucht habe, mich besser zu fühlen.  

 

Es gibt eine wunderschöne Metapher, die das Ego als Eisblock sieht. Wenn man ihm Wärme und Sonnenschein und Liebe entgegenbringt, dann schmilzt der Eisblock langsam und wird wieder zu Wasser – eine Metapher über Fluss und Fluidität. Wir wollen unser Ego ja nicht vollkommen loswerden – wir wollen es nicht zerstückeln. Mir wollen jedoch erreichen, dass es sich entspannt und wieder eins mit uns wird, damit wir in einen natürlichen Zustand des Friedens und Seins finden.  

 

Im letzten Jahr habe ich mich mit der taoistischen Philosophie beschäftigt, in der es weitgehend um das Nichtstun, das Nicht-Erzwingen geht. Ich denke, das ist wirklich schön, aber es hat so wenig mit dem zu tun, wie wir etwas tun. In unserer Welt geht es immer nur ums Machen. Sogar bei der Erholung geht es ums Machen. Es ist schwer, nichts zu tun. Ich wollte immer schon mal einen Yoga-Kurs besuchen und die ganze Zeit in der Shavasana-Position ausharren [in dieser Position liegt man still auf dem Boden] – einfach nichts tun – und alle anderen um mich herum ihre Bewegungen machen lassen. Ich glaube, das wäre eine tolle Herausforderung.“ 

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